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Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Immer wieder und immer häufiger hört man von grünen Geldanlagen. Mittlerweile gibt es unzählige Produkte, vor allem bei den beleibten ETFs. Aber welche Auswirkungen hat ein Investment, in ein unmoralisches Unternehmen überhaupt? Welche Auswahlkriterien setzen die Indexanbieter an, um vermeintlich schlechte Unternehmen auszusortieren? Diese und viele weitere Fragen solltest du in Betracht ziehen. Aus diesem Grund sprechen wir heute über grüne Aktien-ETFs, die Börse und ihre Moralität.

Moralität der Börse

Gerade hier gibt es immer wieder die Behauptung, Geld mit Geld zu machen sei nicht moralisch oder hat einen faden Beigeschmack. Daher schauen wir noch einmal auf die 2 Hauptaufgaben der Börse:

  • 1. Kapitalbeschaffung: Unternehmen können sich an der Börse Kapital beschaffen
  • 2. Wertpapierhandel: Zusammenführung von Käufer und Verkäufer

Und diese beiden Aufgaben sind erst einmal überhaupt nicht unmoralisch, sondern erfüllen lediglich einen Zweck. Kapitalbeschaffung für Unternehmen und Investitionsmöglichkeiten für Anleger. Das bringt an sich nur gute Dinge zum Vorschein:

  • Geld für Forschung und Entwicklung
  • Steuern durch Kapitalerträge
  • Arbeitsplätze an die Börse

Und mit den Unternehmen an der Börse, kommen wir zum möglichen unmoralischen Aspekt der Börse. Denn nicht die Tatsache, dass an der Börse gehandelt wird ist das Problem, sondern die Unternehmen selbst. Diese können nämlich unmoralisch handeln. Sie können Produkte herstellen und verkaufen, die anderen Menschen direkt oder indirekt schaden zufügen. Zum Beispiel Waffenhersteller, Tabakfirmen oder Firmen, die unter unwürdigen Bedingungen produzieren lassen. Genau hier steckt die unmoralische Seite der Börse.

Konsum vs. Investition

Wenn dies so ist. Wenn bestimmte Unternehmen nicht grün, nicht nachhaltig, nicht ökologisch, nicht sozialverträglich handeln, unterstützte ich sie dann, indem ich in sie investiere? Die Antwort ist hier ein ganz klares ‚Nein‘! Denn nur wenn ein Unternehmen zum ersten Mal an die Börse geht, beim sogenannten IPO. Nur dann fließt das Geld der gekauften Aktienanteile direkt zum Unternehmen. Der ganze Handel danach, im sogenannten Zweitmarkt, hat kein direkten Einfluss auf das Unternehmen. Hier wandert das Geld wirklich nur vom Käufer zum Verkäufer und anschließend wechseln die Aktienanteile das Depot. Indirekt steigt natürlich der Kurs, da eine größere Nachfrage vorhanden ist. Mit diesem besseren Kurswert kann sich das Unternehmen leichter Geld leihen oder in Aktien zahlen. Auch die Boni der Vorstände können höher ausfallen (jetzt mal ganz weit und einfach gedacht).

Du siehst also, direkt hat der Handel von nicht nachhaltigen Unternehmen keinen Einfluss auf die Unternehmen. Indirekt aber schon und noch viel größer ist die Wirkung, wenn du die Produkte dieser Unternehmen kaufst. Hier handelst du nicht als Anleger, sondern als Konsument. Hier vergrößerst du direkt den Umsatz eines Unternehmen, wenn du die Produkte kaufst. Du musst hier einfach selbst entscheiden, ob du mit diesem indirekten Einfluss an der Börse leben kannst. Wichtig zu verstehen ist nur, dass du nicht unmoralisch bist, weil du mit Aktien handelst oder generell investierst. Sondern die Unternehmen möglicherweise unmoralisch handeln und du daran partizipierst.

Grüne ETFs

Und damit kommen wir zu den grünen Produkten am Markt, den nachhaltigen Aktien-ETFs. Die Idee bei diesen grünen ETFs ist es, genau solche Unternehmen aus dem Index auszuschließen. Um hier mal eine Idee zu bekommen, wie die Indexanbieter solche grünen Indizes erstellen, schauen wir uns den grünen Index von MSCI an.

MSCI World SRI Index

Du kennst sicherlich den MSCI World Index. Hierin sind natürlich auch Unternehmen enthalten, die unmoralisch sein können und auch tatsächlich sind. Die Idee ist also, genau diese Unternehmen aus dem Index auszuschließen. Der neu entstandene Index heißt dann MSCI World SRI Index. Und dieses Kürzel SRI bedeutet ‚Socially Responsible Investment‘.

Aber wer schaut und bewertet jetzt eigentlich, ob die Unternehmen ’socially responsible‘ sind oder nicht. Das macht MSCI selbst und zwar durch die MSCI ESG Research. ESG bedeutet ‚Environmental, Social and Governance‘. Das heißt sie erstellen ein eigenes Wertesystem in Bezug auf die Umwelt, soziale Verträglichkeit und politische Korrektheit. Anschließend werden die Unternehmen bewertet und nur die Unternehmen kommen in den Index, die diesen Werten und Kriterien entsprechen. Und genau da wird es schwierig. Ab wann ist ein Unternehmen nachhaltig, grün, sozial verträglich, politisch korrekt, ökologisch und so weiter?  All das sind keine quantitativen Werte, die man streng messen kann. Jeder Mensch hat seine eigene Vorstellung von diesen Begriffen. Außerdem gibt es hier viele Grautöne, Sichtweisen, aber MSCI versucht es eben mit den eigenen Richtlinien. Ob diese Richtlinien auch deiner Vorstellung dieser Begriffe entsprechen, musst du selbst prüfen.

Außerdem ist die Frage woher kommen die Daten zu dieser Bewertung. Und ganz klar ist, dass alle oder zumindest die meisten Nachhaltigkeitsberichte von den Unternehmen selbst kommen. Oder die Unternehmen werden befragt und genau dort kann man keine schlechten oder wirklich objektive Berichte erwarten. Aber schauen wir erst einmal ganz grob auf die Selektionskriterien des MSCI World SRI Index. Basis ist der Mutter-Index, der MSCI World mit gut 1.600 enthaltenen Unternehmen. Daraus werden im ersten Schritt Unternehmen ausgeschlossen, die folgende Produkte herstellen, verkaufen oder dort involviert sind:

  • Kernenergie
  • Tabak
  • Alkohol
  • Glücksspiel
  • Militärische oder zivile Schusswaffen
  • Genmanipulation
  • Kohleabbau
  • Pornographie

Wenn diese alle aussortiert sind, kommt der zweite Schritt. Nun werden bei den vorhandenen Unternehmen die besten 25% aus jedem Sektor und aus jeder Region ausgewählt. Also die Unternehmen, die bei der ESG Bewertung am besten abgeschnitten haben. Der Rest wird ebenfalls ausgeschlossen. Damit bleiben von den ehemals knapp 1.600 Unternehmen, noch 357 übrig. Also deutlich weniger als zuvor (gut 22%).

Rentabilität

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Ist der Index dann überhaupt noch rentabel beziehungsweise wie performt er im Vergleich zu seinem Mutter-Index (MSCI World Index)? Und tatsächlich bewegen sich die beiden im Zeitverlauf seit 2007 ziemlich gleich. Auch der Fall und der steile Aufstieg durch Corona sieht sehr gleichmäßig aus. Der MSCI World SRI ist sogar leicht oben auf und hat besser performt. Auch andere nachhaltige Indizes sind sehr nah an ihren Vergleichindizes dran, die nicht nachhaltig sind (Quelle). Es ist also tatsächlich so, das trotz der fehlenden Unternehmen, der grüne ETF sehr gleich performt.

Sinnhaftigkeit

Und damit kommen wir zur Sinnhaftigkeit solcher nachhaltigen und grünen ETFs (ESG, SRI, …). Hier gibt es aus meiner Sicht 4 Punkte, die du in Betracht ziehen solltest

  • Kriterienkatalog
  • Wirkung
  • Investitionskriterien
  • Alternativen

Kriterienkatalog: Was bedeutet nachhaltig, sozial verträglich oder politisch korrekt überhaupt für den Indexanbieter? Woher kommen die Daten zur Bewertung? Finde ich den Verkauf von Alkohol unmoralisch oder nicht vertretbar? Und sind im Anschluss wirklich alle Unternehmen aussortiert, die nicht nachhaltig handeln? Denn nur weil man die besten 25% einer Branche nimmt, heißt das nicht, dass die besten 25% nicht auch unverantwortlich handeln können.

Wirkung: Wie groß ist die Wirkung wenn ich die Unternehmen in meinem Portfolio halte? Die Wirkung geht gegen Null. Das Unternehmen macht dadurch nicht mehr Umsatz, gewinnt dadurch keine neue Kunden. Aber du profitierst eben an den Gewinnen des Unternehmens. Und das bringt genau die Frage vom Anfang wieder zurück: Kannst du damit Leben?

Investitionskriterien: Wir haben jetzt immer von einem Index gesprochen und der ist schnell erstellt. Aber kann ein ETF, der den Index abbildet auch deine reinen Investitionskriterien für einen ETF erfüllen? Ist er breit genug diversifiziert? Wie teuer ist er (TER)? Wie ist die Performance? Welche Form der Replikation wird angewendet? Wie groß ist das Fondsvolumen? Und wie ist die Ertragsverwendung? Denn am Ende reden wir immer noch über ein Investment. Dabei kann Nachhaltigkeit ein Kriterium sein, aber die anderen wichtigen Fakten solltest du eben auch nicht aus den Augen verlieren.

Alternativen: Wenn die Wirkung schon so gering ist, ist es dann nicht sinnvoller in seinem Alltag nachhaltig zu handeln, wenn man schon darauf achten möchte? Du kannst zum Beispiel Geld an gemeinnützige Organisationen spenden, Lebensmittel vom nächsten Bio-Bauer kaufen, mehr Fahrrad statt Auto fahren, freundlich und respektvoll mit deinen Mitmenschen umgehen und so weiter. All das sind Handlungen, die eine direkte Wirkung erzielen und nicht nur mittelbar als Erscheinung im Kleinen auftreten können.

Schlussendlich musst du also wissen, wie du grüne Geldanlagen handhaben möchtest, ob es dir wichtig ist, ob du damit leben kannst. Hier gibt es keine Empfehlung, kein richtig oder falsch, sondern nur deinen eigenen moralischen Kompass. 

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