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Podcast zu finanziellen Altlasten auf Apple PodcastSpotify oder Google Podcast

Finanzieller Neustart

Wenn man sich zum ersten Mal mit so richtig mit seinen Finanzen beschäftigt und hierzu alte Verträge oder Entscheidungen überprüft, stößt man häufig auf finanzielle Altlasten. Das kann ein alter Bausparvertrag, eine kapitalbildende Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung sein. Aber auch Leichen im Depot tauchen von Zeit zu Zeit immer wieder auf. Aus diesem Grund sprechen wir heute darüber, wie du finanzielle Altlasten erkennen kannst und wie du am besten damit umgehst.

Dein Mindest zu Altlasten

Klar ist, jeder Fehler der Vergangenheit, der mit Finanzen zu tun hat kostet dich heute Geld. Daher ist es auch so schwer sich den Fehler einzugestehen. Einzugestehen, dass man einen Verlust hinnehmen muss. Und diese Angst vor einem Verlust heißt in der Wissenschaft Verlustaversion. Damit beschreibt man die typische Psychologie eines Menschen, den Verlust einer vorhandenen Sache höher zu gewichten, als den Zugewinn. Ein ganz praktisches Beispiel: Du ärgerst dich wahrscheinlich mehr darüber 1.000€ zu verlieren, als du dich darüber freust 1.000€ zu gewinnen.

Das bedeutet aber nicht, dass du deswegen den Fehler vor dir selbst verstecken solltest, sondern das du es schaffst ihn zuzugeben, obwohl es dich ärgert. Und damit nimmst du dich selbst in die Verantwortung. So ist es nämlich auch und du solltest und kannst den Fehler nicht auf andere schieben. Du hast das Produkt gekauft, den Vertrag unterschrieben oder die Freigabe erteilt. Und alles was in deinem Depot herumgeistert und Verträge von Finanzprodukten, die auf deinen Namen abgeschlossen wurden, sind deine Verantwortung.

Also auch wenn es im ersten Moment nicht gut tut, gesteh dir deine Fehler ein und übernimm die Verantwortung. Und sei dabei nicht so streng mit dir. Denn diese Fehler sind eine große Chance es in Zukunft besser zu machen. Und trau dich auch weiterhin Entscheidungen zu treffen. Lass dich davon nicht lähmen. Denn du wirst auch in Zukunft Fehler machen. Genauso wie ich und alle anderen auch. Aber du wirst es besser machen und vor allem wirst du es nach deinen Bedürfnissen ausrichten und du wirst erfahrener. Mit jeder Entscheidung und jedem Fehler lernst du etwas Neues dazu. Keine Entscheidung zu treffen kann manchmal sogar noch schlechter sein.

Was außerdem noch hinzukommt: Je nach dem wann du deine Entscheidung getroffen hast, waren die Voraussetzungen damals ganz andere. Heute kann jeder innerhalb von einem Tag ein Direkt-Depot eröffnen und eine Aktie kaufen. Damals war es vielleicht gar nicht möglich. Es gab nur den Bankberater oder es war zumindest viel schwieriger das Ganze selbst zu machen. Auch ETFs für die breite Masse sahen vor 10 oder 15 Jahren noch ganz anders aus. Aber was auch immer der Grund war, es macht keinen Sinn sich über Vergangenes zu ärgern. Du kannst es ohnehin nicht ändern. Aber du kannst jetzt die Reißleine ziehen.

Und bevor wir nun zur Einschätzung und Auflösung von finanziellen Altlasten kommen, muss ich dir noch meine Sichtweise mitgeben. Denn aus der letzten Folge weißt du, das Rat immer subjektiv ist. Und in diesem Fall wohl mehr als normalerweise. Weil ich einfach eine Freund von Einfachheit und Ordnung in Sachen Finanzen bin. Ich bin ziemlich strikt was das Auflösen sinnloser Altbestände angeht. Und das liegt vor allem an meinem langen Anlagehorizont. Es macht für mich erstens keinen Sinn in einen sinnlosen Vertrag weiterhin einzuzahlen oder an einem schlechten Investment weiterhin festzuhalten. Denn auf 20 oder 30 Jahre gesehen, kann ich mit dem Geld den jetzigen Verlust in der Regel locker wieder ausgleichen. Zweitens möchte ich wie gesagt einfache Produkte, die ich leicht verstehe und die mich flexibel halten. Also keine ewig langen Laufzeiten, die mich daran hindern an mein Geld heranzukommen. Für mich zählt immer:

Wenn ich schon in einer Grube sitze, höre ich wenigstens auf zu graben

Der Umgang mit Bausparvertrag und Co.

Um Verträge von Finanzprodukten zu bewerten, hilft uns das magische Dreieck der Geldanlage. An den 3 Eckpunkten stehen die wichtigsten Pfeiler einer jeden Geldanlage

  • Rendite
  • Sicherheit
  • Liquidität

Und anhand dieser 3 Kriterien kannst du jeden Vertrag bewerten und schauen, ob du ihn behalten willst oder nicht. Pauschaler Rat von mir bei diesen Verträgen: In der Regel lohnt sich das weitere besparen nicht, zumindest aus der Sicht der Rendite. Aber das kannst du natürlich nur selbst prüfen.

Also fangen wir mit der Rendite an. Und das ist auch das schöne an diesen Verträgen. Du weißt in der Regel genau was dich erwartet. Und weil du es weißt sind die Produkte sehr sicher, aber auch renditenschwach. Du schnappst dir also die vorausgesagte oder zugesicherte Rendite/Zins für diese Produkte. Wichtig bei der Betrachtung der Rendite: Schau dir die inflationsbereinigte Rendite an. Zieh die 2% davon ab. Oftmals ist die Rendite so schwach, dass sie nicht mal die Inflation ausgleicht. Schau dir außerdem auch die laufenden Kosten an, weil sie deine Rendite natürlich ebenfalls schmälern. Wenn du beides abgezogen hast, bleibt vermutlich nicht mehr viel übrig (wenn überhaupt).

Jetzt kommen wir zur Sicherheit. Ja, du hast die Sicherheit, aber ohne Rendite nützt sie dir nichts. Trotzdem kann ich sehr gut verstehen, dass Sicherheit ein wichtiger Punkt für dich ist. Denn irgendwo wollen wir immer auch ein stückweit Sicherheit haben. Ob du dafür deine Rendite hergibst musst du am Ende selbst wissen. Aber wie wertvoll ist eine sichere Geldanlage, wenn du real keine Rendite erzielst. Richtig. Wertlos.

Zum Schluss die Liquidität beziehungsweise die Verfügbarkeit. Angenommen das Produkt deckt nicht oder gerade so die Inflation ab, aber du kommst erst an dein Geld, wenn du in die Rente gehst (also im Alter von 67 Jahren). Du willst aber selbst entscheiden wann du das Geld brauchst. Dann bringt dir die Sicherheit auch hier nichts. Wenn du also eine negative Rendite und eine schlechte Verfügbarkeit hast, dann kannst du dein Geld auch fast auf dem Tagesgeldkonto liegen lassen.

Aus meiner Sicht schlägt Sicherheit nicht den Verlust an Rendite und die fehlende Flexibilität eines schlechten Vertrages. Mal ganz davon abgesehen, dass sie so komplex sind, dass man sie nur sehr schwer versteht. Und lass dich auch nicht von vermeintlichen Steuerersparnissen locken. All das rechtfertigt nicht die niedrige Rendite oder die hohen einmaligen Kosten.

Wenn du eine Altlast dieser Form entdeckt hast, versuche im ersten Schritt den Schaden zu begrenzen, indem du die Einzahlungen stoppst. Dann kannst du dir Gedanken über eine Alternative machen. Und natürlich brauchst du zur Einschätzung dieser Altlast auch das nötige finanzielle Grundwissen. Anschließend kannst du schauen wie und wann du am besten aus dem Produkt herauskommst. Schau dabei nicht so sehr auf den Verlust, gerade wenn du noch 15 Jahre oder mehr Zeit hast. Stell dir einfach vor du kannst das investierte Geld noch weitere 15 Jahre mit realen 4% anlegen und weiterhin besparen. Damit hast du deinen Verlust ganz bestimmt ausgeglichen.

Du siehst also, ich bin kein Freund von ellenlangen Vergleichen bei diesen Verträgen. Ich habe damals übrigens meinen Bausparvertrag und meine private Rentenversicherung kurz auf die Rendite geprüft und anschließend sofort aufgelöst. Bis das Geld dann wirklich auf meinem Konto war, hat es nochmal 6 Monate gedauert. In dieser Zeit kannst du dich finanziell weiterbilden, dir einen Plan machen und konkrete Alternative heraussuchen. Flexibilität und Rendite gehen bei mir über Sicherheit und Komplexität. Ob du es am Ende genauso machst, ist komplett dir überlassen. Du entscheidest wie du mit deinen alten Verträgen umgehen möchtest, aber ich hab sie alle aufgelöst und die Verluste hingenommen.

Der Umgang mit Depotleichen

Hier geht es um Anleihen, Einzelaktien und aktive Fonds. Eben alles was in deinem Depot landet. Jetzt ist natürlich die Frage wann ist ein Depotwert eine Depotleiche. Natürlich gibt es hier keine festgeschriebene Definition. Aber aus meiner Sicht reden wir von einer möglichen Depotleiche, wenn sie über 50% im Minus steht und das bereits seit über 3 Jahren. Und es hängt stark davon ab, was dort eigentlich im Minus ist. Denn damit ergeben sich andere Handlungsspielräume.

Fangen wir also mit der Anleihe an. Bei einer Anleihe, die im Minus ist, musst du dir im Prinzip keine großen Gedanken machen. Denn Anleihen laufen irgendwann aus. Wenn das Unternehmen oder der Staat dann wirklich bankrott beziehungsweise nicht zahlungsfähig ist, wird sich ohnehin alles von selbst auflösen und du bekommst als Gläubiger zumindest einen Teil deines Geldes wieder. Hier musst du also nicht tätig werden, wenn du nicht möchtest. Anders ist es natürlich, wenn eine große Summe deines Vermögens in der Anleihe steckt und sie noch 20 Jahre läuft. Dann kann es natürlich Sinn machen, sie vorzeitig mit Verlust zu verkaufen und anderweitig zu investieren. Ob aber der Kurs einer 20-jährigen Anleihe wirklich aussichtslos ist, musst du selbst einschätzen. Denn natürlich kann es auch sein, dass sich das Unternehmen oder der Staat wieder fängt und der Kurs der Anleihe steigt.

Dann kommen wir zur Einzelaktie. Hier läuft die Aktie nicht einfach irgendwann aus. Daher hast du hier 3 Optionen:

  • Halten
  • Verkaufen
  • Nachkaufen

Halten solltest du, wenn du langfristig erwartest das sich der Kurs wieder erholt oder wenn du regelmäßig eine hohe Dividende erhältst. Verkaufen solltest du, wenn du kein Glaube mehr an die Erholung hast oder wenn du die Verluste steuerlich sinnvoll nutzen kannst. Denn bei deinen Kapitalerträgen kannst du Verluste gleicher Art gegen Gewinne rechnen lassen. Damit kannst du den Verlust zumindest ein stückweit begrenzen. Außerdem solltest du vor dem Verkauf bereits eine bessere Möglichkeit parat haben, denn das Geld auf dem Konto liegen zu lassen, lässt es sicher schrumpfen. Nachkaufen solltest du, wenn der gesamte Markt gefallen ist. Dann könnte ein guter antizyklischer Moment sein, aber nur wenn weiterhin an diese Aktie glaubst.

Außerdem muss dir klar sein, dass du nie genau wissen wirst ob eine Aktie nochmals steigt. Und gerade beim Nachkaufen kann es sein, dass sich eben genau dieses Unternehmen nicht von der Krise erholen kann oder auch das diese Branche besonders betroffen ist (wie bei Corona die Tourismusbranche). Und genau dieses Risiko, dass sich einzelne Aktien nicht wieder erholen oder auch generell stark fallen, schaltet ein breites Investment in einen Index aus. Mit einem ETF auf den MSCI World müssten sich alle Unternehmen darin nicht mehr erholen und das ist einfach sehr unwahrscheinlich. Daher kannst du bei einer Krise deutliche einfacher und bedenkenloser bei einem breit gestreuten ETF nachkaufen, als bei Einzelaktien.

Und damit kommen wir jetzt zum aktiven Aktienfonds. Denn der ist ein besonderer Fall. Vermutlich wirst du keinen Fonds haben, der nach voriger Definition eine Depotleiche ist. Einfach weil in einen Fonds so viele Anlageklassen oder auch Unternehmen vertreten sein können. Das streut das Risiko und senkt damit die Wahrscheinlichkeit für einen Absturz. Hier geht es aus meiner Sicht auch viel mehr um eine erneute Einstufung dieser Geldanlage. Wie teuer und renditenstark ist das Produkt? Muss ich wirklich noch einen Fondsmanager bezahlen, um eine gute Rendite zu erhalten?

Und ich denke in Zeiten von ETFs ist das nicht mehr nötig. Du darfst also hier deinen aktiven Fonds, den du vermutlich bei deinem Bankberater abgeschlossen hast gerne einmal mit einem kostengünstigen ETF deiner Wahl vergleichen. Und dann wirst du schnell feststellen, dass es einfach ein schlechteres Produkt ist. Übrigens heißt das nicht, dass vielleicht in 15 Jahren ein ETF nicht auch eine Altlast sein kann. Von Zeit zu Zeit solltest du einfach mal deine Bestände im Depot überprüfen und mit möglichen Alternativen vergleichen. Vielleicht war sogar der aktiven Fonds damals die beste Alternative, aber jetzt gibt es eben etwas besseres.

Erwähnte Links zu finanziellen Altlasten

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