fbpx
Lesezeit: 8 Minuten
0 0 Bewertungen
Artikelbewertung

Podcast zum Thema Hörerfragen auf Apple PodcastSpotify oder Google Podcast

Fragen an Kapitalbildung

Beim Thema Finanzen ist es nicht einfach den Durchblick zu behalten. Daher erreichen mich immer wieder fragen zu unterschiedlichen Bereichen dieser Thematik. Da sich die Fragen oftmals doppeln, sprechen wir heute über Fragen von Hörerinnen und Hörern. Dabei geht es um die Geldpolitik, Mieten oder Kaufen von Immobilien, die Gewinnmitnahme bei Aktien und die richtige Aufteilung der ETFs im Portfolio.

Hörerfragen von Jasmin

Warum muss es eine Inflation geben?

Die Frage ist auf das oberste Ziel der EZB zurückzuführen. Und das ist die Preisniveaustabilität. Um diese zu gewährleisten strebt die EZB eine Inflationsrate von nahe 2% an. Das Ganze geht natürlich sehr stark in den Bereich der VWL und dort in die Geldtheorie und -politik. Um hier nicht zu tief einsteigen zu müssen und die Frage im Kern zu beantworten müssen wir vereinfacht denken. Dazu hier eine Art Prozesskette:

Wirtschaftswachstum —> größeres BIP —> mehr Investitionen —> mehr Kredite —> höhere Geldmenge —> höheres Preisniveau

Die gesunde Inflationsrate muss es also als Ausgleich geben. Inflation ist der Ausgleich für Wirtschaftswachstum. Denn mit steigender Geldmenge im System ist es natürlich weniger wert. Warum es aber genau nahe 2% sein muss ist nicht belegt. Es ist ein Richtwert der festgelegt und von Ökonomen als sinnvoll erachtet wurde. 

Woher nimmt die EZB das Geld für die Käufe von europäischen Staatsanleihen?

Ganz einfach gesagt, sie schöpft es selbst und das darf sie auch. Als Zentralbank und Gestalter der Geldpolitik in der Eurozone ist sie in der Lage Geld aus dem Nichts zu schöpfen. Sie ist unabhängig von der Politik und auch der Kauf von Staatsanleihen ist ein geldpolitisches Instrument, so wie der Leitzins. Bei den europäischen Staatsanleihen die jetzt im Zuge der Corona-Krise gekauft wurden, wurde das Geld geschöpft, um damit dann denen in Schwierigkeiten geratenen Staaten in der Eurozone Geld zuzuspielen. Ob und wie sinnvoll es ist, verschuldeten Staaten Geld zu leihen ist mal ein anderes Thema. Aber das Geld darf und wurde aus dem Nichts geschöpft. Hier findest du meinen Beitrag zur Geldschöpfung im Eurosystem.

Wie sieht die Geldpolitik in anderen Ländern aus? Gibt es dort auch Leitzinsen?

Ja, Leitzinsen gibt es dort auch. Also so lange wir von der westlichen Welt mit einem ähnlichen Wirtschaftssystem sprechen, gibt es immer auch eine sehr ähnliche Art der Geldpolitik und das stärkste Instrument ist auch dort der Leitzins. Also auch dort gibt es eine zentrale und politisch unabhängige Bank, die die Geldpolitik steuert und die jeweilige Währung stabil halten soll. Um das hinzubekommen sind die Ziele allerdings etwas anders: In den USA liegt die gewünschte Inflationsrate bei genau 2%, in Australien aber zwischen 2% und 3% und bei uns bei nahe zu, aber unter 2%. Du siehst also, die Geldpolitik in ihrer Struktur und Instrumenten ist sehr gleich, aber die Ziele sind dem jeweiligen Land oder der Währung angepasst. Warum es aber auch hier genau 2% oder zwischen 2% und 3% sein müssen, bleibt das Geheimnis der Personen, die das irgendwann mal festgelegt haben.

Wie unterscheiden sich Fondsgesellschaften wie BlackRock und Co.?

Vielleicht nochmal kurz dazu, was eigentlich eine Fondsgesellschaft ist: Eine Fondsgesellschaft ist ein Unternehmen, dass Geld vieler Anleger sammelt und dieses dann in eine vorher festgelegte Anlageklasse investiert und verwaltet. Hierzu bieten die Fondsgesellschaften unterschiedliche Fonds an. Fonds zu Aktien, Anleihen, Immobilien, Rohstoffe und so weiter. Richtigerweise heißen Fondsgesellschaften seit 2013 übrigens Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG). Im Prinzip unterscheiden sich die einzelnen KVGs kaum. Sie alle sind Unternehmen mit einer Gewinnabsicht und sie alle sammeln Geld von Anlegern, um es dann gesammelt zu investieren und zu verwalten.

Unterschiede gibt es dann eher im Details. wo ist der Sitz der Gesellschaft? Wie viele Fonds wurden von der Gesellschaft aufgelegt? Und so weiter. Ehrlich gesagt, für uns als Anleger sind die einzelnen Gesellschaften nicht so wichtig, sondern viel mehr die Fonds die diese KVGs anbieten. Hier gilt es den richtigen und passenden Fonds für dich zu finden. Von welcher KVG er dann schließlich kommt ist nicht ganz so wichtig. Wenn du hier trotzdem nochmals genauer reinschauen möchtest, findest du hier eine ausführliche Liste der KVG.

Hörerfragen von Patrick

Wieso ist der Kredit für eine selbstgenutzte Immobilie als Konsumschuld zu sehen?

Patrick hat mir diese Frage nach der Veröffentlichung eines Beitrags gestellt. Hier ging es um den Unterschied zwischen Konsumschulden und Produktivschulden und den Umgang mit Schulden ganz generell. Dabei ist aus meiner Sicht auch ein Kredit für eine selbstgenutzte Immobilie eine Konsumschuld. Denn anders als bei Produktivschulden, bringt uns eine Immobilie keine fortlaufenden Einnahmen oder Rendite. Es ist viel mehr eine Entscheidung Eigentum zu besitzen, nicht aber eine Rendite einzufahren. Aber natürlich ist ein Kredit für eine Immobilie etwas anderes, als ein Kredit für die neue Couch im Wohnzimmer oder das neue iPhone. 

Dahinter steht selbstverständlich ein Objekt, das auch sehr lange einen Wert haben wird. Also baut man damit schon ein Vermögen auf. Trotzdem sinkt dieser Wert mit der Zeit und du musst ihn aufrechterhalten, durch Reparaturen oder Modernisierungen. Auch wenn der Kredit irgendwann abbezahlt ist, sparst du dir zwar die Kosten für eine Miete oder die Kreditrate, aber es ist eben streng genommen keine Rendite, sondern eine Ersparnis. Aus diesem Grund ist es aus meiner Sicht immer noch eine Konsumschuld, aber trotzdem etwas ganz anderes als ein Kleinkredit für das neue iPhone. Wenn du dir diese Frage nochmals im Details anschauen möchtest, dann kann ich dir dieses Buch empfehlen.

Wie kann ich mein Geld sinnvoll anlegen, wenn ich es in 5-10 Jahren brauche? Aktien sind hier ja keine Option!

Da hast du völlig recht. Wenn du relativ risikoarm dein Geld in Aktien anlegen möchtest, dann brauchst du unbedingt einen großen Zeithorizont. Allerdings kommt es da immer auch auf dich als Person an und wofür du das Geld brauchst. Außerdem kann es auch nach über 10 Jahren sein, dass gerade dann eine Krise kommt, wenn du dein Geld benötigst. Grundsätzlich ist also eher die Frage, wofür brauchst du das Geld in 5 bis 10 Jahren. Wenn du es dringend brauchst, um fällige Schulden zu tilgen oder für eine größere Anschaffung, dann würde ich dir nicht raten dieses Geld in Aktien zu investieren.

Die Frage bleibt also, was macht sonst noch Sinn. Wenn wir uns alle Anlageklassen mal betrachten, kommen noch Anleihen in Frage. Und tatsächlich wären gerade Staatsanleihen von starken EU-Ländern normalerweise lukrativ und sinnvoll. Weil du hier genau deine Anlagehorizont kennst und weißt, wie hoch die Rendite ist. Allerdings sind die Zinsen für Anleihen, durch die expansive Geldpolitik so niedrig, dass sich auch das nicht lohnt. Sie sind nämlich nahe 0%. Immobilien kommen ebenfalls nicht in Frage, genauso auch Gold oder Alternative Investments.

Die einzige Anlageklasse ist hier tatsächlich noch das Cash und hier in Form von eines Festgeldkontos. Bei Laufzeiten von 24 bis 36 Monaten sind durchaus noch Zinsen von 0,5% bis 0,8% möglich. Damit wirst du zwar nie die Inflation ausgleichen, aber zumindest ein stückweit dagegen steuern können. Allerdings musst dir eine passende Bank aussuchen, ein Konto eröffnen und dein Geld ist definitiv für die vereinbarte Laufzeit weg. Aus meiner Sicht wäre es mir das nicht wert. Aber wenn du hier trotzdem mal reinschauen möchtest, bekommst du hier noch mehr Infos zum Thema.

Hörerfragen von Stefan

Macht es Sinn meine Aktienfonds komplett zu verkaufen und den Buchgewinn zu realisieren, um dann nach einem Kursfall wieder diese Anteile zu kaufen? Währenddessen würde ich das Geld auf meinen Tagesgeldkonto parken.

Das Timing ist immer eine enorm schwierige Angelegenheit. Keiner kann dir genau sagen, wann es ratsam ist Gewinne mitzunehmen. Da du von einem Aktienfonds sprichst geh ich davon aus, dass es sich um einen aktiven Fonds handelt. Wenn das der Fall ist, dann könnte es tatsächlich Sinn machen ihn zu verkaufen, um dann in eine günstigere Alternative zu investieren. Zum Beispiel in einen passiven Fonds, einen ETF. So kannst du deine Altlasten ohne Verlust loswerden. Ob und wann das aber sinnvoll ist, kommt auf deine finanziellen Ziele und deine persönlichen Lebensumstände an. Allerdings bin ich persönlich kein Freund davon, es mit Market Timing zu versuchen.

Da ich ohnehin langfristig Vermögen aufbauen möchte, verkaufe und kaufe ich nicht ständig. Wenn du also wieder in die gleichen Fonds investieren möchtest, mach dir nicht die Mühe und zerbrich dir nicht den Kopf wann du wo rausgehst und wieder reingehst. Vor allem wird es unwahrscheinlich schwer sein, fast unmöglich, den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden. Und wenn es zum Beispiel 2 Jahre dauert, bis die Kurse wieder steigen, liegt dein Geld auch 2 Jahre auf dem Tagesgeldkonto rum. Aus meiner Sicht ist es also in der Theorie ein schönes Gedankenspiel, aber in der Praxis einfach nicht praktikabel und mit viel Aufwand verbunden.

Hörerfragen von Aline

Meine Recherchen haben ergeben, dass man möglichst breit gestreute ETFs für langfristige Anlagen nehmen sollte, so dass ich mich für die klassische Strategie MSCI World und MSCI Emerging Markts zu 70/30 entschieden habe. Mein Vater findet die Renditen jedoch viel zu niedrig und rät mir eher zu NASDAQ 100, S&P 500 oder sowas in die Richtung. Nun meine Frage: Würdest du mir auch von dem MSCI World und MSCI EM abraten und doch ETFs mit geringerer Streuung, aber höhere Renditen raten?

Hier kommt es stark darauf an, was dein langfristiges Ziel ist. So wie ich dich aber verstanden habe, ist dir die breite Diversifizierung (also Risikoreduzierung) wichtiger als eine höhere Rendite. Aus meiner Sicht bist du hier auf dem richtigen Weg und mit dem MSCI World und EM (im Verhältnis 70/30) machst du auch überhaupt nichts falsch. Und zwar aus folgenden Argumenten:

  • 1. NASDAQ und S&P 500 haben einen starken US-Bias (keinerlei Werte aus anderen Ländern) (Risiko durch geografische Konzentration)
  • 2. NASDAQ und S&P 500 vereinen deutlich weniger Aktien in sich (Risiko durch höhere Gewichtung weniger Aktientitel)
  • 3. NASDAQ bezieht sich stark auf eine Branche (Technologie bzw. IT) (Risiko durch stärkere Branchen-Konzentration)
  • 4. MSCI World hat auch alle Nr.1 Technik-Unternehmen der USA als größte Positionen (Microsoft, Apple, Facebook, Google (Alphabet) und Amazon)

Natürlich hast du auch mal die Chance, dass der S&P 500 oder der NASDAQ besser performen, dennoch vernachlässigst du mit ihnen auch den Rest der Welt. Wenn es der USA also wirtschaftlich schlechter geht als dem Rest der Welt, dann bekommst du das zu 100% in deinem Depot zu spüren. Deine Idee ist ja gerade, dass du genau sowas durch die breite Diversifizierung (Branchen und Länder) auffangen möchtest. Trotzdem muss man auch sagen, dass der MSCI World über 60% US-Aktien besitzt.

Wenn du also dein Geld zu 70% in den MSCI World steckst, hat dein Portfolio immer noch zu über 40% Beteiligungen an US-Unternehmen. Was ich aber auch nicht bedenklich finde, wenn man bedenkt, dass es in den US auch deutlich mehr Unternehmen an der Börse gibt und hier die Marktkapitalisierung auch deutlich höher ist, als beim Rest der Welt. Und wenn du später immer noch Lust hast, mit einem kleinerem Teil deines Geldes mehr Risiko einzugehen, kannst du dir auch mal eine Einzelaktie kaufen, die du interessant findest. Dann hast du einen „sichereren“ Teil, die ETFs und einen kleinen Teil in deinem Depot mit mehr Risiko und dafür aber auch eine höhere Renditechancen.

Aber mit deinem jetzigen Ziel (einfach, langfristig und effizient Geld anlegen, mit einer durchaus guten Rendite) finde ich, passt der MSCI World und der EM besser zu deinem Plan. Am Ende musst du selbst wissen, mit welcher Investition du dich wohler fühlst. Das ist Typ-Sache. Ich kann natürlich immer nur von meinem Erfahrungen und Perspektiven sprechen, auch wenn ich versuche objektiv zu bleiben. Deinem Vater geht es auch so. Trotzdem musst du jetzt für dich anfangen und starten. Du kannst später immer noch andere ETFs, Einzelaktien, Immobilienfonds oder Anleihen beimischen. Aber gerade am Anfang würde ich immer dazu raten, die Komplexität zu reduzieren und ganz simpel zu starten. Da ist deine Idee genau der richtige Weg.

Erwähnte Links zum Thema Hörerfragen

Kontakt zu Kapitalbildung

Starte noch heute mit deiner Kapitalbildung und schau dir meine Empfehlungen an. Darin findest du interessante Bücher, mein Girokonto, Tagesgeldkonto und Depot und hilfreiche Links für deine Finanzen. Bei Fragen, Anmerkungen oder weiterem Interesse kannst du mich außerdem über folgende Kanäle erreichen: